Was ist Organisationsmediation?

Organisationsmediation…

…ist das Verfahren der Mediation angewandt im Bereich von Organisationen unterschiedlichster Art.

1. Was sind Organisationen und wie verstehen wir sie?

Organisationen verstehen wir als soziale Systeme mit einer vielschichtigen Struktur, gebildet durch Rollen, Funktionen und Positionen. Sie bestehen aus Menschen, die gemeinsam die Ziele der jeweiligen Organisation verfolgen.

Es gibt eine Vielzahl an unterschiedlichen Organisationen. Neben den beachtenswerten Unterschieden hinsichtlich der Art und Ausgestaltung der Organisationen gibt es auch Gemeinsamkeiten, die alle Organisationsformen miteinander verbinden.

Grundsätzlich zeichnen sich Organisationen durch folgende Merkmale aus[1]:

  • Sie verfolgen einen Zweck, an dem Entscheidungen ausgerichtet werden.
  • Einer Organisation gehören Menschen über „Mitgliedschaft“ an. Es gibt Regeln für den Eintritt und Austritt sowie Bedingungen für die Aufrechterhaltung der Zugehörigkeit. Die Mitglieder sind auf den Zweck der Organisation verpflichtet.
  • Es gibt formell festgelegte und informelle Entscheidungs- und Kommunikationswege (z. B. Hierarchien).

Neben der formalen Regelstruktur kommt bei Organisationen eine soziale Wertestruktur zum Tragen: die mitwirkenden Personen sind zugleich formale und soziale Funktions- bzw. Rollenträger und  bringen sich mit vielfältigen Interessen ein. Jede Person wird dabei in Ihrer eigenen Persönlichkeit und in verschiedenen Funktionen bzw. Rollen wirksam. Dies führt zu teils widersprüchlichen Zielen, Interessen und Handlungslogiken der organisationsinternen Bereiche und der handelnden Personen. Konflikte sind in diesem Umfeld natürlicherweise angelegt. 

2. An welche Organisationsformen denken wir?

Organisationen können gewinnorientiert handeln (For Profit) oder ohne jegliche Gewinnorientierung auf soziale, gesellschaftliche, kulturelle oder wissenschaftliche Ziele ausgerichtet sein (Non Profit).

Wirtschaftsunternehmen vereint, dass sie gewinnorientierte Zwecke verfolgen (For Profit). Struktur und Organisationsform von Wirtschaftsunternehmen können allerdings sehr unterschiedlich sein (funktionale Organisation, Matrixorganisation o.ä.). Bei Gemeinnützigen Unternehmen fühlen sich zugehörige Menschen häufig der „guten Sache“ verpflichtet.

Behörden - als eine weitere Organisationsform - weisen erhebliche Besonderheiten auf, u. a. sind Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten sowie wesentliche Arbeitsabläufe durch Rechtsnormen (z. B. Gesetz oder Verordnung) festgelegt; die Mitglieder einer Behörde sind Beamte oder Angestellte im öffentlichen Dienst.

Jede Organisationsform bringt ihre eigenen Konfliktpotentiale mit sich. Traditionell sind Unternehmen eher hierarchisch aufgebaut. Neuere Unternehmensformen setzen dagegen stärker auf Teamstrukturen, Verantwortungsübernahme der Mitarbeitenden sowie kooperative Arbeitsstrukturen.

Wirtschaftsmediation ist nach unserem Verständnis ein Teil der Organisationsmediation.

3. Was ist das Besondere an Organisationsmediation und was bedeutet das für die Arbeitsweise von Mediator*innen in diesem Arbeitsfeld?

Organisationsmediator*innen bringen ein Verständnis mit für die spezifischen Merkmale und Dynamiken von Organisationen. Auf dieser Basis wenden sie das Verfahren der Mediation an. Sie begleiten die beteiligten Personen sach-, interessen- und beziehungsgerecht beim Umgang mit Konflikten. Zusätzlich kann von Fall zu Fall eine besondere Feldkompetenz hilfreich sein, die das spezifische Umfeld der jeweiligen Organisation erfasst. Eine Mediation wird z. B. in einer Behörde auf ganz andere Herausforderungen treffen als in einem wirtschaftlich ausgerichteten Umfeld. Die Herausforderungen in einem kreativen Umfeld sind andere als in einem technisch orientierten.

Organisationsinterne Mediation beschäftigt sich mit Konflikten innerhalb von Organisationen. In allen Organisationsformen sind institutionelle und/oder tatsächliche Machtbeziehungen zwischen den Konfliktparteien zu beachten. Diese müssen von den Organisationsmediator*innen bei der Gestaltung des Mediationsrahmens berücksichtigt werden. Weitere typische und zu beachtende Themenfelder sind die Organisationsstruktur, Abläufe, informelle und formelle Spielregeln, Kommunikation und Kooperation, die vertraglichen Regelungen wie Gesellschafterverträge oder Satzungen und sonstige Normen, Schaffung von Transparenz usw.

Mediation zwischen Organisationen (B2B) erfasst Konflikte zwischen zwei oder mehr Organisationen. In diesen Fällen sind die Beziehungen zwischen den Organisationen zusätzlich zu den oben beschriebenen Themenfeldern zu berücksichtigen.

Mediation zwischen Organisationen und Privatkunden (B2C) ist ein spezifischer Fall der Organisationsmediation und wird zum Beispiel im Versicherungsbereich praktiziert. Die Herausforderung besteht darin, mit der unterschiedlichen „Augenhöhe“ umzugehen.

Häufig sind Konflikte Symptome für ein Verbesserungspotential in einer Organisation. Die Mediation kann zugleich zur positiven Entwicklung  der Organisation beitragen.

In allen Fällen hat die Organisationsmediation auf der einen Seite das Ziel, verbindliche Vereinbarungen zwischen den an der Mediation Beteiligten zu erzielen oder zumindest nächste konkrete, nachprüfbare Schritte zu vereinbaren. In beiden Fällen sollten diese Ergebnisse möglichst schriftlich festgehalten werden. Auf der anderen Seite zielt die  Organisationsmediation darauf ab, die Kommunikations- und Arbeitsfähigkeit wiederherzustellen und die Beziehung zwischen den an der Mediation Beteiligten zu verbessern.

 


[1] nach Stefan Kühl, Organisationen, 2011, Wiesbaden